Montag, Oktober 24, 2005

Abt. Perlentaucher

Gestern Abend ließ mir das Schicksal einen jener seltenen, überaus kostbaren Momente zuteil werden, in denen man in irgendeinem lange vernachlässigten Winkel seiner Heimstatt unverhofft wahre Schätze entdeckt.

Besagter Winkel war in meinem Fall das Fach des Regals, daß ca. 100 Videokassetten beherbergt, und der Schatz war eine in grauer Vorzeit getätigte und seitdem gänzlich in Vergessenheit geratene Aufnahme von Zardoz, die mir auf der Suche nach einer freien Kassette zufällig in die Hände fiel.
Wahrscheinlich haben die meisten von Euch noch nie etwas von Zardoz gehört. Das ist verständlich, denn dieses Werk ist nicht geeignet für "Die zehn besten Filme aller Zeiten" mit Oli Ich-darf-den-Kerner-duzen Geißen auf RTL. Genau genommen ist Zardoz sogar unglaublich schlecht, gewissermaßen eine solche Verdichtung von Scheiße, daß dadurch ein Riß im Raum/Zeit-Gefüge des guten Geschmacks entsteht, dem nicht einmal das Licht entfliehen kann.
Wir reden hier allerdings nicht über einen Trash-Film im Stil eines Ed Wood, der den Mangel an Geld und Ideen durch anarchischen Mut zur Lücke zu kompensieren versucht, auch wenn das Budget vermutlich überschaubar gewesen sein dürfte. Zardoz kann mit Sean Connery und Charlotte Rampling nicht nur zwei namhafte Hauptdarsteller vorweisen, sondern war verblüffenderweise auch für einen BAFTA (quasi der britische Oskar) nominiert.

Worum geht es in diesem Film? Das ist gar nicht so leicht zu sagen, da der Regisseur und Drehbuchautor John Boorman in sämtlichen Schaffensphasen von Zardoz nachweislich unter dem Einfluß von LSD, Bananenschalen und einer an die Hoden angeschlossenen Autobatterie stand. Ich will es trotzdem versuchen.
Fest steht: wir befinden uns in einer fernen Zukunft. Die menschliche Zivilisation, wie wir sie kennen, ist untergegangen, und die Überlebenden gliedern sich in drei Teile. Erstens eine sehr kleine Gruppe von gänzlich Degenerierten, die auf mysteriöse Art die relative Unsterblichkeit erlangt haben und in mysteriösen, von riesigen Kuppeln überwölbten Städten unendlich gelangweilt vor sich hin dämmern. Zweitens die meist mit Fellshorts bekleideten, auf Pferden umher reitenden Anhänger des mysteriösen Gottes Zardoz, der sich in einem riesigen, schwebenden Steinkopf manifestiert. Drittens eine frühmittelalterlich anmutende, garstig darbende Gesellschaft, die aufgrund irgendeiner mysteriösen bürokratischen Ungerechtigkeit weder Zugang zu den Kuppelstädten noch zur relativen Unsterblichkeit besitzt. Soweit das Setting, wie wir Cineasten sagen.

Nach einer mehrminütigen Eröffnungssequenz, in der der Kopf von Zardoz mit Hilfe eines mißlungenen Blue Screen-Effekts einen nicht das Geringste zur Verständlichkeit des Films beitragenden Monolog hält, erleben wir, wie der selbsternannte Gott (diesmal als ca. zwanzig Meter hoher Steinkopf) seinen Dienern gebietet, die gesamte Menschheit vom Angesicht der Erde zu tilgen. Die Begründung gestaltet sich folgendermaßen:

Die Szenerie: eine Landschaft ähnlich der schottischen Highlands. Dutzende der Anhänger Zardoz' haben sich vor dem Steinkopf versammelt und verneigen sich vor ihrem Gott.

Zardoz [mit dröhnender Stimme]: Die Waffe ist gut.

[Kurze Pause, in der die Huldigungen der archaischen Krieger vom Heulen des Windes untermalt werden.]

Zardoz: Der Penis ist schlecht.

Ach so. Nach ein paar weiteren Sätzen von Zardoz, die ebensowenig Licht in die Sache bringen, erbricht der Steinkopf dann hunderte von Schußwaffen (die niemals nachgeladen werden müssen), und es beginnt ein Genozid erster Kajüte.
Diesem Abschlachten wehrloser Bauern werden wir nun einige Minuten beiwohnen und dann dem Zardoz-Anhänger Zed (Sean Connery) folgen, der sich Zutritt zu einer der Kuppelstädte verschaffen kann. Dort wird unter anderem die Funktionstüchtig- keit seines Schniedel- wutz untersucht, indem man dem Bauernhenker in einem futuristischen Labor Pornofilmchen vorführt (die Erektion ist für die unsterblichen Stadtbewohner, die sich nicht mehr fortpflanzen, sehr mysteriös), und er verliebt sich in Consuella (Charlotte Rampling). Die restliche Handlung verliert sich derart in geistiger Umnachtung, daß allein der Versuch einer Wiedergabe in der Notwendigkeit von jahrelanger Therapie resultieren könnte.

Kaum zu glauben, aber wahr- nichts von alledem habe ich mir ausgedacht (außer vielleicht der Sache mit der Autobatterie). Fazit: Es muß dringend ein Video-Abend veranstaltet werden. Interessenten mögen sich bitte in die Comments eintragen.