Als ich im Spätsommer eine Vor- ankündigung für Quake IV las, war ich hocherfreut- ein neuer Sproß aus einer würdigen Ahnenreihe von Vorgängern! Diesbezüglich hatte ja HalfLife² schon ordentliche Maßstäbe gesetzt, auch wenn da das Gameplay aus ganz subjektiven Gründen nicht so mein Fall war. Das Testergebnis in irgendeiner Spielezeit- schrift, in der der für Ego-Shooter zuständige Redakteur scherzhaft ein Urlaubsjahr ankündigte („Was soll nach diesem Spiel noch kommen?“), steigerte meine Begeisterung zusätzlich.
Seit gut drei Wochen kann Quake IV nun auch in der Videothek meines Vertrauens ausgeliehen werden. Da diese auf meinem Weg zur Uni liegt, verging ab Anfang Dezember kaum ein Tag, an dem ich nicht bei Videoworld vorbeigeschaut und kontrolliert habe, ob denn das heiß ersehnte Ausleih-Kärtchen endlich mal unter der Spielpackung klemmt. Vorletzten Samstag war es dann soweit. Mit fiebrig glänzenden Augen und einem Grinsen, bei dem sich meine Mundwinkel am Hinterkopf trafen, wankte ich zur Theke. Endlich würden wieder die Schreie der Verdammten aus meinen Boxen gellen, untermalt von dem Geräusch krepierender Granaten und umherspritzenden Gekröses, während meine Geschoßgarben durch die Reihen der Gegner pflügen wie ein Pürierstab durch einen Eimer Kätzchen- aber ich schweife ab.
Kaum zu Hause, warf ich die DVD-Rom in meinen Rechner, installierte das Spiel, legte los und- war ziemlich enttäuscht. Die annähernd photorealistische Umgebung, die ich im Vorfeld auf diversen Screenshots bestaunt hatte, mag auf irgendwelchen NASA-Rechnern darstellbar sein, auf meinem (auch nicht ganz schäbigen) Computer jedenfalls nicht. Da wirkt selbst das an der Entwicklungs- geschwindigkeit im Spielebereich gemessen ziemlich alte Unreal 2 besser, von Far Cry ganz zu schweigen. Nun soll man sich nicht an derlei Oberflächlichkeiten festbeißen, dachte ich mir. Sicher würden die vor mir liegenden Stunden voller Spielspaß dieses Manko mehr als wettmachen!
Um es gleich vorweg zu nehmen: von wegen. Die Waffen sind einfallslos, haben in der Regel keine Sekundärfunktion und unterscheiden sich teilweise kaum in ihrer Wirkung. Ähnliches gilt für die Gegner, bei denen man bestenfalls Spuren von künstlicher Intelligenz feststellen kann. Kleine Gegner scheinen nach dem Zufallsprinzip in der Entfernung hin und her zu springen, große Gegner kommen frontal und ohne Rücksicht auf Verluste auf den Spieler zugerannt- beides mit hoher Geschwindigkeit, und für beide Kategorien gilt: kennt man einen, kennt man alle (fairerweise muß ich an dieser Stelle sagen, daß ich Quake IV nicht durchgespielt habe- vielleicht ist mir ja eine im weiteren Spielverlauf kommende, große Sensation entgangen...). Atmosphäre? Fehlanzeige. Und während man bei HalfLife² praktisch alles zerlegen konnte, was sich dem Auge an Inneneinrichtung bot und andere Spiele wenigstens die unvermeidlichen Holzkisten als Übungsziele anbieten, ist bei diesem Shooter Interaktion mit der Umgebung absolute Mangelware.
Was gibt es an Positivem über Quake IV zu sagen? Nicht viel: schön ist, daß die englische Sprachausgabe auch bei der deutschen Version beibehalten wurde. Das Gameplay ist sehr geradlinig, und verbündete Figuren, mit denen man immer wieder zu tun hat, gehen in der Regel nicht auf die Nerven. Das war’s dann aber auch schon.
Fazit: ein Ego-Shooter, der offensichtlich vor allem für Konsolen entwickelt wurde und mindestens am PC locker von der aktuellen Genre-Konkurrenz abgehängt wird. Die heftige Zensur im Vergleich zur US-Version gibt dem Spiel den Rest. Quake IV ist okay für den 10 €-Wühltisch, alles andere ist rausgeworfenes Geld.
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