Samstag, Mai 27, 2006

Der schwarze Kanal

Nachdem ich gestern aus schierer Langeweile "Unsere besten Fußballer" mit Johannes B. Kerner gesehen habe- einer Sendung, bei der die Zuschauer aufgerufen waren, die ihrer Meinung nach besten fünfzig deutschen Fußballer aller Zeiten zu wählen- muß ich nun doch in bester Schnitzlerscher Tradition eine Lanze für den Osten brechen und die peinlichsten Szenen herausgreifen:

Platz 41: Bernd Bauchspieß. "Wer?!", höre ich die Wessis fragen- ganz genau, in den alten Bundesländern kennt den keiner. Auch Johannes B. Kerner und Studiogast Marcel Reif nicht, denn der eingeladene Bauchspieß wurde folgendermaßen anmoderiert:
Kerner: "Sag mal, Marcel, war Dir der Bernd Bauchspieß vor zweieinhalb Minuten schon ein Begriff?"
Reif: "Nein, nie von ihm gehört."
Kerner: "Vor der Vorbereitung auf die Sendung ist es mir ganz genauso gegangen, und hier ist er: Bernd BAUCHSPIESS!!!"
Halten wir einen Moment inne. Was wird der Mann, der in seinen 264 Oberliga-Spielen immerhin 120 Tore geschossen hat, in diesem Moment gedacht haben?
a) "Hey, das fetzt, daß ich in die Sendung kommen darf, obwohl mich keiner kennt!", oder
b) "Arschlöcher."?
Es zeugt von der menschlichen Größe des ehemaligen Fußballers, daß ihm die Antwort auf diese Frage nicht ins Gesicht geschrieben stand.

Platz 39: Jürgen Sparwasser. Bei der WM 1974 traumatisierte er die Bundesrepublik, als er bei der einzigen Begegnung der beiden deutschen Nationalmannschaften auf dem Rasen das Siegestor für die DDR schoß. Der kollektive West-Stammtisch stöhnte auf wie ein waidwundes Rhinozeros, Franz Josef Strauß forderte den sofortigen Einsatz von Atomwaffen und die Genossen jenseits des antiimperialistischen Schutzwalls stellten sich auf die Zehenspitzen, um dem Klassenfeind auf der anderen Seite eine lange Nase zu drehen. So weit, so gut- schade nur, daß das ZDF die Leistungen dieses Sportlers im Gegensatz zu den anderen DDR-Fußballern ausschließlich von Wessis kommentieren ließ. Der Stachel sitzt in der dortigen Sportredaktion offensichtlich noch ziemlich tief...

Platz 30: Matthias Sammer. Der Dresdner spielte seit 1986 in der Nationalamannschaft der DDR, nach der Wende auch in der gesamtdeutschen Auswahl. In der Sendung hört sich das so an: "1990 tauscht Matthias Sammer Hammer und Sichel gegen den Adler.". Liebes ZDF: ich hab's extra nochmal nachgegoogelt, der Matze Sammer hat nie für die Sowjetunion gekickt. Was Ihr meint, ist Hammer, Zirkel und Ährenkranz, und jetzt erklärt bitte Eurem Praktikanten, was eine Wikipedia ist und wie man das benutzt.