Donnerstag, Juli 13, 2006

Die Rezension der Woche

Helmut Heiber war lange Jahre Mitarbeiter am höchst renomierten Institut für Zeitgeschichte, das sich neben anderen Schwerpunkten mit der Geschichte des Dritten Reichs beschäftigt und viele wichtige Quelleneditionen und Standardwerke zu diesem Thema heraus- gegeben hat. Gleichzeitig besitzt Heiber eine Charaktereigenschaft, die dem Klischee des von staubigen Bücherbergen umgebenen Historikers zunächst gar nicht so recht entsprechen will: einen erfrischenden Sinn für skurrilen Humor und das Absurde im Alltäglichen.
Diese Kombination beschert uns ein Buch von höchstem Unterhaltungswert: Die Rückseite des Hakenkreuzes: Absonder- lichkeiten aus den Akten des "Dritten Reiches". Knapp 600 unfreiwillig komische Führer-Erlasse, bizarre Briefwechsel zwischen den Parvenüs der ersten und zweiten Reihe, schräge Verwaltungsanordnungen sowie gänzlich geschmacklose Fanpost von zahlreichen Volksge- nossen, auf die Heiber in Jahren der Archiv-Recherche für andere Projekte gestoßen ist, sind in dieser Edition versammelt. So tritt die ganze Lächerlichkeit und das kleinbürgerliche Spießertum einer totalitären Diktatur zutage, die sich selbst am liebsten in der Pose unerschrockener Helden wagnerschen Zuschnitts gesehen hat.
Fazit: Die Rückseite des Hakenkreuzes ist sowohl hochgradig seriös als auch umwerfend komisch und beleuchtet eine Facette des Nationalsozialismus, die bei aller berechtigten Priorität auf den Verbrechen und der abgrundtiefen Bösartigkeit des Regimes häufig zu kurz kommt.

Heiber, Beatrice; Heiber, Helmut (Hrsg.): Die Rückseite des Hakenkreuzes; Absonderlichkeiten aus den Akten des "Dritten Reichs".