Prüfungsstreß? Hormonstau? Gerade eben streiten sich drei Meter von mir entfernt zwei Kommilitonen um einen Arbeitsplatz, den Frau A seit heute morgen benutzt und Herr B besetzt hat, während Frau A in der Mittagspause war.
Zunächst hat Frau A Herrn B angegiftet, der das mehrere Minuten geflissentlich ignoriert hat, um dann doch auf Frau A einzugehen. Daraufhin eskalierte das Ganze: zuerst flogen Wörter ("Asoziales Arschloch!"), dann ein Notebook (das von Frau A), schließlich bekam Herr B von Frau A eine geschallert, nachdem sie erfolglos versucht hatte, ihn samt Stuhl auf den Gang zu schieben. Herr B drohte mit einer Anzeige wegen Körperverletzung, Frau A konterte mit einer Anzeigendrohung wegen sexueller Belästigung(!).
Jetzt war eine Bibliotheksangestellte da und versuchte zu schlichten - erfolglos. Die beiden Kontrahenten sind weit über den Punkt hinaus, Kompromisse zu schließen. Da ist die Angestellte wieder abgerauscht, um einen Rausschmeißer zu organisieren. Ich berichte weiter.
15:49 Uhr: Frau A hat auch ohne Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs nachgegeben - leider, muß ich in diesem konkreten Fall sagen. Worum es hier nämlich eigentlich geht, ist die Frage, ob man die in der Prüfungszeit chronisch knappen Arbeitsplätze trotz Abwesenheit besetzen kann oder nicht. Grundsätzlich gilt: nein. Ich habe mich schließlich schon oft genug geärgert, wenn jemand morgens um acht vier Plätze für sich und seine Kumpels reserviert, dann nochmal pennen geht, und gegen halb zwölf rückt das Quartett entspannt und gut gelaunt an. In der Zwischenzeit sitzen andere auf dem Boden, weil sie keinen Tisch mehr bekommen haben.
Wer aber (so wie ich auch) jeden Tag von morgens bis irgendwann abends hier arbeitet, muß die Möglichkeit haben, mal eine halbe Stunde Pause zu machen. Und das schließt ein, die neonlicht- beschienenen Räumlichkeiten der Unibibliothek in dieser Zeit verlassen zu können, ohne das hinterher der Platz weg ist.
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