Zur Zeit rauscht es mächtig in der deutschen Bloggerszene; der Anlaß ist eine Kampagne unter dem Motto Du bist Deutschland, in der zahlreiche Prominente aus Sport, Fernsehen und der Musikbranche zu den Klängen des Soundtracks von 'Forrest Gump' zu neuem Selbstbewußtsein als Bürger Deutschlands aufrufen. Im Mittelpunkt steht dabei unter anderem das bekannte Kennedy-Zitat "Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst.".
"Unsäglich dumm" (der Schockwellenreiter), "panne und zynisch" (Spreeblick)- diese Einschätzung wird von vielen geteilt. Schade eigentlich. Denn es gibt zwar eine Menge an der Kampagne zu kritisieren, wie zum Beispiel die hohen Kosten oder auch der mindestens ebenso hohe Kitschfaktor. Meiner Meinung nach die größte Panne*: Katarina Witt, die seit vielen Jahren in den USA lebt, erzählt uns, daß Deutschland "natürlich" ihr Zuhause sei.
Die grundsätzliche Aussage der Aktion rechtfertigt jedoch durchaus eine etwas differenziertere Beurteilung, denn daß viele Deutsche eben auch sehr gut im Quengeln sind, im "Schuld sind die da oben" schreien (wer auch immer 'die da oben' konkret sein mögen) und im in der Schmoll-Ecke sitzen und darauf warten, daß einem gefälligst irgendjemand (in der Regel: 'die da oben') aus der Patsche hilft, weiß nicht zuletzt jeder, der schon einmal Wahlkampf gemacht hat. Dabei geht es mir nicht um den Arbeitslosen, der seiner (mitunter durchaus berechtigten) Frustration in einer konkreten Lebenssituation Luft verschafft, sondern um diejenigen, bei denen es längst zur grundsätzlichen Lebenseinstellung geworden ist, die Schuld für all ihre Probleme komplett auf andere abzuwälzen und daraus einen Anspruch auf eine Lösung durch fremde Hilfe abzuleiten.
Das läßt sich schön am Beispiel Schule durcherxerzieren. Hat das Kind schlechte Noten, ist der Lehrer unfähig, das Schulsystem schlecht und ADS tut im Zweifelsfall ein Übriges dazu- soweit sind sich die Boulevardpresse und viele Eltern einig. Spricht man allerdings mit Lehrern, ergibt sich ein anderes Bild. Da ist auf einmal die Rede davon, daß sich viele Eltern nicht die Bohne um ihre Kinder kümmern; da kann der Nachwuchs notenmäßig abstürzen, wie er will, für die Sprechstunde hat man keine Zeit. Oder das krasse Gegenteil: Eltern, die bei jedem angedrohtem Nachsitzen sofort mit dem Anwalt daher kommen und so den Lehrern effektiv die Handhabe gegen chronische Störenfriede nehmen. ADS? Neben vielen Scheidungskindern, die mit der Trennung der Eltern nicht fertig werden, betrifft das vor allem Schüler, bei denen man sich nicht eingestehen will, daß sie eben nicht so begabt sind wie manche ihrer Klassenkameraden. Das alles kann und darf nicht den Blick darauf verstellen, daß in unserem Bildungssystem vieles im Argen liegt. Aber für schlechte individuelle Leistungen im Klassenzimmer sind eben selten nur 'die da oben' verantwortlich.
Das ließe sich nun auf viele Bereiche übertragen; eintscheidend ist: die Probleme in diesem Land werden sich nicht lösen lassen, wenn nicht auch ein Umdenken auf Seiten derer stattfindet, die primär unter ihnen zu leiden haben. Das will die Kampagne Du bist Deutschland vermitteln. Und recht hat sie!
*Nachtrag vom 25.10.: jetzt, wo ich mich nochmal aus aktuellem Anlaß mit diesem Eintrag beschäftige, möchte ich korrigieren: die größte Panne ist, daß das Logo aussieht wie ein Scheißhaufen.
"Unsäglich dumm" (der Schockwellenreiter), "panne und zynisch" (Spreeblick)- diese Einschätzung wird von vielen geteilt. Schade eigentlich. Denn es gibt zwar eine Menge an der Kampagne zu kritisieren, wie zum Beispiel die hohen Kosten oder auch der mindestens ebenso hohe Kitschfaktor. Meiner Meinung nach die größte Panne*: Katarina Witt, die seit vielen Jahren in den USA lebt, erzählt uns, daß Deutschland "natürlich" ihr Zuhause sei.
Die grundsätzliche Aussage der Aktion rechtfertigt jedoch durchaus eine etwas differenziertere Beurteilung, denn daß viele Deutsche eben auch sehr gut im Quengeln sind, im "Schuld sind die da oben" schreien (wer auch immer 'die da oben' konkret sein mögen) und im in der Schmoll-Ecke sitzen und darauf warten, daß einem gefälligst irgendjemand (in der Regel: 'die da oben') aus der Patsche hilft, weiß nicht zuletzt jeder, der schon einmal Wahlkampf gemacht hat. Dabei geht es mir nicht um den Arbeitslosen, der seiner (mitunter durchaus berechtigten) Frustration in einer konkreten Lebenssituation Luft verschafft, sondern um diejenigen, bei denen es längst zur grundsätzlichen Lebenseinstellung geworden ist, die Schuld für all ihre Probleme komplett auf andere abzuwälzen und daraus einen Anspruch auf eine Lösung durch fremde Hilfe abzuleiten.
Das läßt sich schön am Beispiel Schule durcherxerzieren. Hat das Kind schlechte Noten, ist der Lehrer unfähig, das Schulsystem schlecht und ADS tut im Zweifelsfall ein Übriges dazu- soweit sind sich die Boulevardpresse und viele Eltern einig. Spricht man allerdings mit Lehrern, ergibt sich ein anderes Bild. Da ist auf einmal die Rede davon, daß sich viele Eltern nicht die Bohne um ihre Kinder kümmern; da kann der Nachwuchs notenmäßig abstürzen, wie er will, für die Sprechstunde hat man keine Zeit. Oder das krasse Gegenteil: Eltern, die bei jedem angedrohtem Nachsitzen sofort mit dem Anwalt daher kommen und so den Lehrern effektiv die Handhabe gegen chronische Störenfriede nehmen. ADS? Neben vielen Scheidungskindern, die mit der Trennung der Eltern nicht fertig werden, betrifft das vor allem Schüler, bei denen man sich nicht eingestehen will, daß sie eben nicht so begabt sind wie manche ihrer Klassenkameraden. Das alles kann und darf nicht den Blick darauf verstellen, daß in unserem Bildungssystem vieles im Argen liegt. Aber für schlechte individuelle Leistungen im Klassenzimmer sind eben selten nur 'die da oben' verantwortlich.
Das ließe sich nun auf viele Bereiche übertragen; eintscheidend ist: die Probleme in diesem Land werden sich nicht lösen lassen, wenn nicht auch ein Umdenken auf Seiten derer stattfindet, die primär unter ihnen zu leiden haben. Das will die Kampagne Du bist Deutschland vermitteln. Und recht hat sie!
*Nachtrag vom 25.10.: jetzt, wo ich mich nochmal aus aktuellem Anlaß mit diesem Eintrag beschäftige, möchte ich korrigieren: die größte Panne ist, daß das Logo aussieht wie ein Scheißhaufen.