So langsam ist's gut! Was da zur Zeit um Eva Herman stattfindet, hat eine Eigendynamik entwickelt, die reichlich unverhältnismäßige Blü- ten treibt. Dazu hat die Ex-Moderatorin zweifellos selbst beige- tragen: sie ist lange genug Journalistin, um zu wissen, daß positive Aussagen über die NS-Zeit zu Reaktionen führen, die so vorhersehbar wie berechtigt sind. Und daß Begriffe, die dem Vokabular des Dritten Reichs entliehen sind ("gleichgeschaltete Presse"), die Debatte zusätzlich verschärfen müssen. Dummheit? Politische Überzeugung? Ich kenne Eva Herman nicht und kann mir daher kein Urteil bilden. Ihre langjährige Kollegin Bettina Tietjen, die sich im Interview ohne wenn und aber von Hermans Aussagen distanziert hat, ist jedenfalls überzeugt: "Eva ist kein Neonazi." (Quelle)
Warum sie nun immer unverhohlener in diese politische Ecke gestellt wird, erschließt sich mir aus ihren umstrittenen Aussagen nicht. Während einer Pressekonferenz sagte sie wörtlich:
"Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch 'ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewe- gung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war 'ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusam- menhalt - das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben...."
Und kurz darauf zitiert die Bild am Sonntag Eva Hermann:
"Was ich zum Ausdruck bringen wollte, war, dass Werte, die ja auch vor dem Dritten Reich existiert haben, wie Familie, Kinder, und das Mutterdasein, die auch im Dritten Reich gefördert wurden, an- schließend durch die 68er abgeschafft wurden. Vieles, was in die- ser Zeit hochgehalten wurde, wurde danach abgeschafft." (Quelle)
"Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch 'ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewe- gung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war 'ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusam- menhalt - das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben...."
Und kurz darauf zitiert die Bild am Sonntag Eva Hermann:
"Was ich zum Ausdruck bringen wollte, war, dass Werte, die ja auch vor dem Dritten Reich existiert haben, wie Familie, Kinder, und das Mutterdasein, die auch im Dritten Reich gefördert wurden, an- schließend durch die 68er abgeschafft wurden. Vieles, was in die- ser Zeit hochgehalten wurde, wurde danach abgeschafft." (Quelle)
Das kann man als dumm, falsch und reaktionär betrachten, auch als Geschichtsklitterung und Verharmlosung der nationalsozialistischen Familienpolitik. Den Zirkus, der momentan deswegen stattfindet, ist für mich jedoch im Hinblick auf unseren Umgang mit sehr viel be- denklicheren öffentlichen Aussagen nicht nachvollziehbar. Hinlänglich bekannt ist, daß Edmund Stoiber 1988 im Gespräch mit Journalisten vor einer "multinationale[n] Gesellschaft auf deutschem Boden, durchmischt und durchrasst" warnte; seiner politischen Karriere hat diese handfeste Entgleisung nicht geschadet. Und letzten Samstag hat der CSU-Kandidat für die Münchner OB-Wahl Josef Schmid die rot-grüne Stadtregierung in einer Rede mit Ungeziefer verglichen: "Ude und Rot-Grün sind [...] wie die Laus in der Mähne des baye- rischen Löwen. [...] Es ist höchste Zeit, dass wir mit der Entlausung des bayerischen Löwen beginnen!" (Quelle) Überhaupt häufen sich solche Ungeziefer-Vergleiche in den letzten Jahren (man erinnere sich an Münteferings Heuschrecken-Metapher) und scheinen schon beinahe salonfähig zu sein - empört sind jedenfalls fast ausschließlich die unmittelbar Betroffenen, obwohl die Schädlingspolemik im Dritten Reich zweifellos mehr Unheil angerichtet hat als die Reduzierung der Frau auf die Rolle der Mutter.
Es geht mir nicht darum, Eva Hermans Ansichten zu verteidigen, sondern die eingangs angesprochene Frage nach der Verhältnis- mäßigkeit zu stellen. Wer wie Senta Berger gestern abend bei Johannes B. Kerner nicht bereit ist, sich mit jemandem wie Frau Herman in ein Studio zu setzen, der sollte auch die Gegenwart von Edmund Stoiber oder Franz Müntefering nicht ertragen können. Ich kann mich jedoch nicht daran erinnern, daß einer dieser beiden Herren jemals vor laufender Kamera und unter anhaltendem Applaus aus einer Talkshow rausgeschmissen wurden. Daher stellt sich mir die Frage, ob die allerorten aufbrandende Empörung nicht eher dem unzeitgemäßen Gesellschaftsbild der Eva Herman als ihren dämlichen Aussagen über das Dritte Reich gilt, letzteres also vor allem als willkommener Aufhänger für die Kritik an ersterem dient. Das wiederum wäre nicht nur eine Bestätigung für Godwins Gesetz, sondern wirft auch ein schlechtes Licht auf unseren Umgang mit abweichenden Meinungen. Man muß die Ansichten der Herman zur Rollenverteilung (wohlgemerkt: nicht die Ansichten zum Dritten Reich) nicht gut heißen; in einer pluralistischen Gesellschaft muß man sie jedoch ertragen können, ohne eine TV-Hinrichtung wie die von gestern abend zu inszenieren.
Und wenn sich Spiegel Online schließlich nicht entblödet, einen Artikel mit "Eva Herman: Kultfigur für Katholiken" zu betiteln, weil 700 der fast 26 Millionen Katholiken in unserem Land auf einem Kongreß einen Vortrag der Ex-Moderatorin beklatscht haben, fällt mir eigentlich nur noch eine Frage ein: bin ich ein Neonazi, weil ich mehrfach (und vor Zeugen!) mit meinem katholischen Vater an einem Tisch gesessen habe? Vielleicht sollte ich mich schleunigst von ihm distanzieren - nur, um ganz sicher zu gehen...
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