Ein aktueller Trend in der Rüstungsindustrie ist die Entwicklung sogenannter 'nicht-tödlicher Waffen', die vor allem zur Kontrolle großer Menschenmassen eingesetzt werden sollen. Zu diesem Arsenal gehört heute Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer; in naher Zukunft ist mit sehr viel subtileren Spielzeugen zu rechnen.
SpOn berichtet aktuell über eine fast serienreife Mikrowellen-Kanone, die angeblich unerträgliche Schmerzen verursacht, ohne dabei blei- bende Schäden zu hinterlassen. Immerhin ist das gute Stück schon so weit gediehen, daß sich Journalisten bei einer Pressevorführung einem freiwilligen Selbstversuch unterziehen konnten.
Science Fiction klingt anders...
Im Gegensatz zu SpOn steht für mich gar nicht so sehr die Frage nach eventuell doch auftretenden Folgeschäden im Vordergrund. Wenn es nämlich hart auf hart geht, sind die einzige Alternative zu den 'nicht-tödlichen' Waffen die tödlichen. Oder anders gesagt: lieber auf einem Auge blind als tot. Aber in gewisser Weise ist genau das das Problem.
Zum einen mögen Mikrowellen-Kanonen humaner sein als Maschinen- gewehre; human sind sie deshalb nicht, auch wenn uns das manche Befürworter weismachen wollen. Wer sich von der Aussage, es würden 'nur' Schmerzen verursacht, beruhigen läßt, sollte bei der nächsten Zahnwurzel-Entzündung einfach mal gepflegt einen Eiswürfel zerkauen.
Zum anderen ist der Aspekt der 'crowd control' an sich problematisch. Auch in liberal-demokratischen Rechtsstaaten neigt die Polizei bisweilen dazu, nicht so genau zwischen Randalierern und friedlichen Demonstranten zu unterscheiden. Friedliche Demonstrationen sind aber auch dann ein Bürgerrecht, wenn ihr Anliegen der Regierung nicht in den Kram paßt. Bei potentiell tödlichen Waffen muß sich die Staatsmacht in solchen Situationen schon allein aus Gründen der Verhältnismäßigkeit Schranken auferlegen, will sie sich nicht selbst die Legitimation entziehen. Bei Waffen, die 'nur' Schmerzen verur- sachen, ist das anders. Ob die Wende stattgefunden hätte, wenn Stasi und NVA die Mikrowellenkanone gehabt hätten?* Man darf es bezweifeln.
Fazit: die 'nicht-tödlichen Waffen' haben durchaus ihre Berechtigung; gleichzeitig sollten wir unseren Regierungen aber sehr genau auf die Finger schauen, was damit wie und wo angestellt wird.
*ohne die DDR damit unter die liberal-demokratischen Rechtsstaaten einordnen zu wollen